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SHOU SHU KUNG FU
SC Fudji trifft „Shou Shu“ - sind manche Kampfsportarten nur ein Geschäft?
19 (!) Gegner muss ein „Shou Shu“-Kämpfer für seine Schwarzgurtprüfung abwehren. Was ist „Shou Shu“ für ein Verteidigungssystem innerhalb der weltweit kaum überschaubaren Zahl von Kampfsportarten?
Auf einer USA-Tour 2007 traf SC Fudji-Trainer Henrik Stoldt auf Dojo-Chef (Shun Shifu) Ted Guerrero (52). Der hatte erst vor ein paar Monaten Kalifornien verlassen und zusammen mit seinem Sohn eine Shou-Shu-Schule in Kingman, Arizona aufgemacht. „Hier ist das Leben nicht so hektisch“, war einer der Gründe für den Tapetenwechsel.
„Shou Shu“, auch Moore-Karate genannt, hat mit 40 Jahren Existenz ein ähnliches Lebensalter wie das deutsche Ju-Jutsu und weist auch eine ähnliche Mischung verschiedener Kampfstile auf. Ein Wettkampfsystem gibt nicht.
„Shou Shu“ orientiert sich an den sieben Tier-Stilen des Kung-Fu, will aber ein eigenes System sein. Gewürzt wird das Ganze mit einer gehörigen Portion Geheimniskrämerei. Die Begründer, Ralph und Albert Moore, wollen ihre Kunst aus verschwiegenen Familienclans im China der 40er Jahre gelernt haben. 4000 Jahre alt soll das geheime Wissen sein und sich bis auf den Shaolin Tempel zurückführen lassen.
Das alles wird in der Kampfsportszene stark angezweifelt, wie auch die Behauptung, der mittlerweile verstorbene Albert Moore sei Mitglied der chinesischen Mafia gewesen und habe im chinesischen Tian Jin gelebt und trainiert. Ernstzunehmende Nachforschungen ergeben ein anderes Bild. Und zwar ein solches, das typisch für die Entstehung kommerziell vermarkteter Kampfsportstile ist.
Demnach trainierten Ralph und Albert Moore zunächst Kenpo-Karate nach dem Al-Tracy-System unter Bob Blackmore und dem Ex-Polizisten Steve LaBounty. „Sie sahen mir damals eher nach Anfängern aus, als nach Leuten, die schon in China trainiert hatten“, sagt im Rückblick ein anderer Altmeister, Ted Sumner. Als Richard Lee, ein 10.Dan des Tracy-Systems, in den späten 60er Jahren seinen eigenen Kung-Fu-Stil, Bok Fu Do, entwickelte, folgten ihm die Moore-Brüder. Viele Shou-Shu-Techniken haben Bezeichnungen des Tracy-Kenpo und des Bok Fu Do übernommen.
Ein ehemaliger Trainingspartner aus dem Tracy-System behauptet sogar: “Die Wahrheit ist, Al Moore dauerte es zu lange, bis er den Schwarzgurt bekommen hätte. Deswegen hat er einen Haufen dummer Leute um sich geschart und ein eigenes Dojo gegründet.” Dieser Vorwurf scheint überzogen, denn immerhin erklärte Al Tracy im Jahr 2002 selber: „Die Moore-Brüder gehörten in den 60er Jahren zu unseren ersten Schwarzgurten.“
Der wohl beste Kommentar zu „Shou Shu“ stammt von einem amerikanischen Professor, der selber Shou-Shu-Schüler war und später in Tian Jin Chinesisch studiert hat: „Niemand in Tian Jin hat je von Shou Shu gehört. Trotzdem ist Shou Shu kein schlechtes Kampfsportsystem. Mit seinen weichen Kung-Fu-Bewegungen war es neuartig in einer Zeit, als die meisten Amerikaner harte Kampfstile praktiziert haben. Der Mythos von den chinesischen Ursprüngen gehört einfach dazu. Er bringt Leute dazu, Herzen und Brieftaschen zu öffnen und sich einer besonderen Gruppe zugehörig zu fühlen. In diesem Sinne sind Al und Ralph Moore nichts anderes als Geschäftsleute, die eine großartige Idee in ein nettes kleines Business umgewandelt haben. Wer will sie dafür verurteilen?“